Martina Kohrn
Ist Harmonie eine Lüge? Warum Konflikte uns weiterbringen...
Das Leben schreibt die besten Geschichten. Und so wurde ich durch die Erzählung einer Kursteilnehmerin daran erinnert, wie wichtig es ist, dass wir Konflikte angehen (und bestenfalls auch lösen).
Friede, Freude, Eierkuchen ist in manchen Situationen unangebracht.
Silvia S. erzählte, dass sie nach einer Begegnung mit ihrer neuen Kollegin dachte „ach, das gibt sich schon wieder“. Sie war gerade neu im Kindergarten angefangen. Als sie bemerkte, dass die Buntstifte nicht funktionierten ging sie – pragmatisch wie sie ist - gleich zur Tat und schmiss diese in den Mülleimer. Ihre Kollegin sah es und holte diese mit den Worten „du kannst doch nicht die Stifte einfach wegschmeißen“ aus dem Mülleimer. Seitdem herrscht Funkstille.
Im Gespräch erzählte Frau S., die ersten Tage habe sich gedacht, dass der Konflikt schnell vorbei gehe. Nun aber merke sie, dass es zu einem größeren Problem geworden ist. Mittlerweile betreffe es auch die anderen Mitarbeiterinnen, eine Konfliktlösung ist in weite Ferne gerückt. Momentan gehe sie mit Bauchschmerzen zur Arbeit.
Silvia S. zählt sich selbst zu einer typischen „Konflikt-Verweigererin“. Aus lauter Angst davor, dass der Streit eskaliert, aus Sorge davor, dass die anderen Kolleg*innen sie „blöd“ finden könnten tut sie so, als ob alles in Ordnung sei. Und merkt selbst, dass dem nicht so ist und grübelt über die genauen Gründe.
Kein Streit, keine Auseinandersetzungen – wer würde das nicht einem Konflikt vorziehen. Dennoch ist es oft besser auf die scheinbare Harmonie zu verzichten. Doch was habe ich davon mein Verhalten zu verändern?
Konflikte bringen mir erst einmal Ängste, Nöte und Sorgen – ob ich sie angehe oder nicht. Die Chance, dass diese kleiner werden ist sehr viel größer, wenn ich meinen Teil dazu beitrage den Streit aus dem Weg zu räumen. Wichtig dazu ist es, erst einmal zu verstehen, was ich für ein Konflikttyp bin und was ich ändern kann.
Das Konflikttypenmodell Thomas / Kilmann unterscheidet zwischen 5 verschiedenen Konfliktstilen – alle mit Stärken und Schwächen. Erkennen Sie sich in einem wieder?

Ich halte mich da raus: der Vermeider
Hier spiegelt sich der Konfliktstil von Silvia S. wieder: „Ich spreche nicht an, was mir wichtig ist und was mich stört.“ Ein typisches Denkmodell ist „Das Problem löst sich von alleine“.
Immerhin sorgen Konfliktvermeider nicht für Kurzschlussreaktionen, dennoch schwebt ständig „etwas“ in der Luft und die eigenen Interessen – aber auch die der anderen – bleiben auf der Strecke.
Ich will meinen Willen haben: der Durchsetzer
Ich setze mit aller Kraft durch, was ich haben möchte – ohne Rücksicht auf Verluste. Doch die Durchsetzer haben einen Vorteil: sie ergreifen die Initiative, es geht voran. Bei schnellen Entscheidungen und in bestimmten Positionen kann (und muss) die Macht eingesetzt werden. Dennoch ist eine geringe Kooperationsbereitschaft zu bemerken und die Meinungen anderer werden nicht beachtet.
Ach, das ist doch nicht so wichtig: der Nachgeber
Selbstaufopfernd stellt dieser Konflikttyp seine Interessen in den Hintergrund und denkt sich „ich gebe lieber nach, bevor es eskaliert“. Sicherlich werden hierdurch keine neuen Konflikte geschürt, dennoch tappt der Nachgeber in eine Falle: „der Harmonie-Falle“ und die Lösung geht häufig zu seinen Lasten.
Beide sollen glücklich sein – aber keiner ist es so richtig ist: die Kompromissbereiten
Das Beispiel habe ich letztens in einem Vortrag gehört, ich weiß aber leider nicht mehr, wer diesen gehalten hat: Fahren wir in die Berge oder ans Meer? Am besten wir fahren an einen Bergsee – so richtig glücklich ist am Ende mit der Entscheidung keiner.
Ein Kompromiss kann durchaus die Situation entschärfen und für eine Weile ruhig halten. Doch die Ursachen des Konflikts werden nicht angegangen.
Es muss doch eine Lösung geben: der Problemlöser
Eine Grundvoraussetzung ist es, dem anderen genau zuzuhören, aktiv an einer Lösung interessiert zu sein und das Problem von allen Seiten zu betrachten.
Das Wichtigste jedoch: Sie zeigen Wertschätzung und damit, dass Sie an der Beziehung zum Gegenüber interessiert sind. Und das stärkt den Zusammenhalt und führt zur Kooperation.

Sicherlich ist dieses die Variante, in der es am längsten dauern kann, bis Sie zu einer Lösung kommen – aber auch die, die am langlebigsten ist.
Es gibt es noch mehr Gründe, warum es wichtig ist, Konflikte anzugehen. Und eine lösungsorientierte Streitkultur ist noch keine Garantie für ewige Harmonie und rosarote Wolken – aber ein Weg zu einem besseren Miteinander.
Also: tappen Sie nicht in die Harmonie – Falle, sondern gehen Sie raus aus Ihrer Komfortzone und machen Sie sich fit für die Lösung von Konflikten.
P.S.: ich habe es ausprobiert und wollte in der männlichen und weiblichen Form schreiben. Nach einigen holprigen Leseversuchen bin ich aber zu dem Entschluss gekommen, dass ich zur besseren Lesbarkeit nur die männliche Form nutze, gemeint sind aber alle Personen!
#Konfliktlösung #Konfliktstil #Kooperation