Wie du mit Lügen umgehen kannst und welche Gründe es gibt, dass Kinder und Jugendliche lügen
Eigentlich lügen wir doch alle mal, oder? Die kleine Notlüge hier. Die kleine Notlüge da.
Dennoch sind wir verletzt, wenn wir merken, dass wir angelogen werden.
Gerade in unserer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, bei der wir uns doch eigentlich einen gesunden und ehrlichen Beziehungsaufbau erhoffen.
Aber hat das wirklich etwas mit dir zu tun?
Oder gibt es vielleicht einen guten Grund für die Not-Lügen?
Themen im Artikel:
Ich werde ständig angelogen
Diese Aussage habe ich schon oft gehört und habe mich im 2. Teil unserer Trilogie mit Nicole Kern, einer Jugendhilfe-Expertin, dazu unterhalten.
Wir beide kennen das Thema von unserer Arbeit in der Jugendhilfe sehr gut.
Wir sprechen darüber,
was Gründe fürs Lügen bei Kindern und Jugendlichen sind
wie du reagieren kannst
und warum das mit dem Lügen gar nicht sooooo schlimm ist. Schließelich lügst du ja auch mal selbst.
In diesem Artikel teile ich einige Auszüge mit dir.
Das vollständige Gespräch findest du hier
Gibt es für das Lügen einen guten Grund?
Immer wieder kam ich in meiner Arbeit in der Jugendhilfe an den Punkt, an dem ich bemerkt habe. Das höre ich auch in Seminaren und in Coachings: "ich werde angelogen und das bringt mich auf die Palme!"
Viele verzweifeln daran, sind enttäuscht und verletzt. "Habe ich eine gute Beziehung zum Kind?" ist dann eine Frage, die sie sich stellen.
Mit der Zeit habe ich aber verstanden, dass die Jugendlichen nicht lügen, um mich zu ärgern. Vielmehr ist es eine Strategie, die sie sich im Laufe der Zeit angeeignet haben.
Um etwas zu erreichen, vielleicht sogar um zu überleben. Abhängig davon, welche Erlebnisse sie hinter sich haben.
Fragen, die dir hier weiterhelfen sind:
Welche Strafen und Konsequenzen haben die Kinder und Jugendlichen schon erlebt, wenn sie zu Hause etwas erzählt haben?
Haben sie vielleicht schon bei den harmlosesten Fehlverhalten kein Essen bekommen oder wurden geschlagen, z.B. wegen einer schlechten Note?
Kann eine Notlüge dann nicht eine normale Reaktion sein, wenn man solchen „Machtmissbrauch“ erlebt hat?
Da darfst du als Betreuer*in nicht zu viel erwarten. Natürlich kann kein Vertrauen da sein und die Ehrlichkeit ist nicht sofort da. Genauso kann es auch einfach um Dinge gehen, bei denen sie ungern zugeben, dass sie es nicht können und wahren mit der Lüge ihr Gesicht.
Ein weiterer "guter Grund" ist die Scham. Auch hier denk mal an dich zurück. Hast du auch schon mal die Unwahrheit gesagt, weil dir Dinge peinlich waren?
Oder sie möchten sich schützen. Zum einen, weil sie Bestrafung kennen und diese umgehen wollen. Oder weil sie wirklich "Scheiße" gebaut haben und wissen, dass tatsächlich eine Konsequenz folgen würde.
Auch hier bemühe ich wieder ein Beispiel aus deinem Leben: wenn du zu schnell gefahren bist in einer 30er Zone und angehalten wirst. Wie reagierst du dem Polizisten oder der Polizistin gegenüber? Sagst du "ja, das habe ich gemacht" mit klarem Blick oder schämst du dich kurz, weil du weißt "eigentlich spielen hier manchmal Kinder". Oder versuchst die Strafe zu umgehen, indem du sagst "war ja nur 5 zuviel" oder ähnlichem.
Du merkst: Es gibt ganz viele gute Gründe für eine Lüge.
Wie wir ja wissen, ist die Arbeit in der Jugendhilfe ein Prozess und von heute auf morgen kannst du nicht erwarten, dass das Lügen sofort aufhört und sich die Jugendlichen ändern, wenn sie es jahrelang anders gemacht haben. Da kannst du die beste Betreuerin oder der beste Betreuer sein - das braucht Zeit. Trotzdem: Es macht etwas mit dir.
Nimm das Lügen nicht persönlich!
Hand aufs Herz: Eigentlich hast du doch sicher auch selbst schon Notlügen eingesetzt als Kind oder Jugendlicher. Wenn es z.B. darum ging, ob die Hausaufgaben schon gemacht sind oder das Zimmer aufgeräumt ist.
Auch als Erwachsene lügen wir hin und wieder, wie in de Polizei Beispiel oben oder wenn es vielleicht darum geht eine Verabredung zu canceln oder die fragwürdige Frisur der Freundin bewerten zu sollen.
So oder so geht es bei der Lüge bestimmt nicht darum deinem Gegenüber zu schaden, ganz im Gegenteil - womöglich wolltest du z.B. deine Eltern vor Sorgen bewahren oder deine Freunde nicht verletzen.
Also ganz wichtig: Nimm die Lügen nicht persönlich!
Leichter gesagt als getan, ich weiß.
Vielleicht hilft es dir, wenn du dich in einer Situation mit einem offensichtlich unehrlichen Jugendlichen fragst:
Wie agiere ICH denn?
Bin ICH denn wirklich immer ehrlich zu den Kindern / Jugendlichen?
Wie transparent bin ich?
Oder aber lüge ich vielleicht einfach selber auch manchmal?
Warum trifft mich eine Lüge so hart?
Hat das vielleicht irgendwas mit meiner eigenen Geschichte zu tun, dass mich das so sehr stört, wenn mich jemand anlügt?
Und genauso wichtig ist es, dass dich fragst, welches Bedürfnis das Kind / der Jugendliche mit dieser Lüge befriedigt. Hier sind wir wieder bei der persönlichen Erfahrung. Fühlt er/sie sich vielleicht einfach sicherer hinter einer Notlüge?
Genauso gibt es auch unterschiedliche Wahrnehmungen. Menschen können sich auch unterschiedlich an Erlebnisse erinnern und sie daher unterschiedlich wiedergeben. Dabei handelt sich noch nicht mal um eine bewusste Lüge.
Fazit: Ärgere dich nicht über die Lügen, sondern schau genauer hin!
Wie immer steckt auch hinter der Handlung des Lügens ein Bedürfnis und oder eine schlechte Lebenserfahrung. Der Jugendliche lügt vermutlich nicht, um dir zu schaden.
Schau also beim nächsten Mal genauer hin und: Mensch, ärgere dich nicht.
Hi, ich bin Martina Kohrn - Konflikt- und Resilienztrainerin für Fach- und Führungskräfte aus Jugendhilfe, Kita und Pflege.
☑ Sei sicherer in Konflikt- und Krisensituationen.
☑ Gestalte ein starkes und humorvolles Miteinander im Team.
☑ Sichere Dir praxisnahes Handwerkszeug für mehr Ruhe und Gelassenheit.
Hier geht es zu:
☑ Coaching
Comments