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AutorenbildMartina Kohrn

Mit Reverse Recruiting dem Fachkräftemangel entgegen wirken

Eine Kampagne gegen den Fachkräftemangel in sozialen Berufen


Überall hört man es - Fachkräfte fehlen an allen Ecken, vor allem in den sozialen Bereichen. Darunter leiden sowohl die Angestellten als auch die, die Hilfe benötigen.


Doch was kannst du tun?


Hier ist Umdenken angesagt, denn auch in Zukunft wird diese Situation leider nicht leichter werden.


Das erfährst du im Artikel:


Martina Kohrn. Reverse Recruitment Kampagne


Wir drehen den Spieß einfach mal um und bewerben uns bei dir


Das haben sich die Menschen in der Diakonie Hasenbergl gedacht und genau dazu eine Kampagne entworfen, in der sie das Bewerbungsverfahren umgedreht haben und sich selbst bei den potentiellen neuen Kolleg*Innen beworben haben.


Aber wie kann das funktionieren und wirkt man so wirklich dem Fachkräftemangel entgegen?


Hierzu habe ich mit Simone Ruthroff und Daniela Canowsky von der Diakonie Hasenbergl gesprochen. In diesem Artikel findest du einzige Auszüge aus dem Gespräch über ihre spannende Kampagne, um wirklich etwas gegen den Fachkräftemangel zu tun.


Das komplette Gespräch sowie alle Ergebnisse findest du hier:



Die Umsetzung - ein umgedrehtes Bewerberverfahren


Der Fachkräftemangel ist allgegenwärtig und er nimmt immer mehr zu, gerade in den sozialen Berufen und auf allen Hierarchie-Ebenen. Um möglichst viele Menschen anzusprechen, wurde die Kampagne der Diakonie Hasenbergl „Wir bewerben uns bei dir“ auch möglichst breit und allgemein gehalten aufgestellt.


Dreh- und Angelpunkt, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, ist eine leichte und unverbindliche Kontaktaufnahme, wozu die simpel gehaltene Landigpage zur Kampage sehr gut dient. Hier gibt es nur das Kampagnenmotiv zu sehen und ein Kontaktformular: „Bitte hinterlass uns deinen Namen und deine E-Mail-Adresse. Dann bewerben wir uns bei dir.“


Und dann kommt der Full-Bewerbungs-Service zum Einsatz. Das heißt, die Kolleg*Innen der Diakonie verschicken allen interessierten, potenziellen Kolleginnen und Kollegen richtige Bewerbungsunterlagen. Dazu gehört ein klassisches Motivationsschreiben, ein Lebenslauf, in dem die Historie des Trägers beleuchtet wird, Zertifikate wie Innovationsfähigkeit und alles, was das Unternehmen auszeichnet und von anderen sozialen Trägern abhebt. In den Unterlagen findet sich auch ein Arbeitszeugnis mit Stimmen der Mitarbeitenden aus den Arbeitgeberbewertungsportalen. Und letztendlich Informationsbroschüren über die Diakonie Hasenbergl und ein Verweis auf die Website.



Welche Medien wurden für die Reverse Recruiting Kampagne genutzt?


Damit eine Kampagne funktioniert, darf sie Aufmerksamkeit erregen, ein spannendes Foto-Motiv zum Teilen beinhalten, unkomploziert sein, Persönlichkeit haben und sollte auf sämtlichen online und offline Kanälen vertreten sein. Die Diakonie Hasenbergl war mit ihrer „Wir bewerben uns bei dir“ Kampagne u.a. auf folgenden Kanälen unterwegs:

  • Eigene Landingpage

  • Social Media

  • Lokales Radio

  • Plakatwerbung in öffentlichen Verkehrsmitteln

  • Messen

  • Bannerwerbung auf Partnerseiten der Partnerfirma


Welche Ergebnisse brachte die Reverse Recruiting Kampagne?


Die viele Arbeit, die Kraft, die hohen Kosten und das stark für die Kampagne eingesetzte Personal haben sich eindeutig gelohnt. Wenn man die Bewerbungs-Statistiken der Diakonie Hasenbergl betrachtet, sieht man:


Die eingehenden Bewerbungen haben sich verdoppelt!


Der Träger wird gut wahrgenommen, bekommt Aufmerksamkeit und erntet Sympathiepunkte für die kreative und innovative Kampagne. Natürlich spielen auch Zeiten des Umschwungs, wie die Corona-Pandemie mit in den Zeitraum, aber dennoch war der erhöhte Bewerbungseingang immer dann besonders zu spüren, wenn wieder mehr in die Kampagne investiert wurde.


Was können wir aus der Kampagne und dem Thema Reverse Recruiting mitnehmen?


1. Viel Zeitaufwand, der sich lohnt

Keine Frage: Reverse Recruiting heißt viel mehr Zeitaufwand. Das Bewerbungsmanagement muss gut aufgestellt sein, sowohl personell als auch technisch und muss zusätzliche Aufgaben übernehmen. Wichtig ist, dass die Einrichtungen erkennen, welche hohe Relevanz eine solche Arbeit hat und zu welchen guten Ergebnissen es führen kann, neben dem üblichen Bewerbungsprozess. Auch ein wichtiger Punkt in der heutigen Zeit: Alles muss schneller werden. Eine Sozialpädagog*In schickt zehn Bewerbungen an zehn Träger und irgendein Träger macht das Rennen. Das ist Reverse Recruiting in Reinform. Und dann musst du darauf achten, dass du und deine Einrichtung das Rennen machen.


2. Unterlagen und Nachweise von Bewerber*Innen sind natürlich dennoch nötig

Natürlich ist die Aussage „Wir bewerben uns bei dir“, aber im nächsten Schritt ist es selbsterklärend nötig, dass du auch etwas von deinem Gegenüber erfährst. Niemand kann Sozialpädagog*Innen, Erzieher*Innen etc. einstellen, ohne die Qualifikationen zu sehen. Dies war aber erfahrungsgemäß für niemanden überraschend.


3. Unerlässlich: Eine langfristige Beziehung zum Bewerbenden aufbauen

Unter Talent Relationship Management, kurz TRM, versteht sich u.a. langfristig mit der Person in Verbindung zu bleiben, selbst wenn der Prozess auch mal länger dauert. Wie z.B. auf Lebenssituationen eingehen, die gerade anstehen, wie eine Prüfung und dann einfach mal nachzufragen, wie es lief etc. Es zeigt Wertschätzung und Offenheit und weckt wiederum sein/ihr Interesse. Wir leben in Zeiten, wo wir wirklich so viel Aufwand betreiben müssen, um mit einzelnen Personen, die für uns geeignet sind, in Verbindung zu bleiben und für eine Vergrößerung des BewerberInnen Pools zu sorgen. Das ist natürlich sehr pflege- und zeitintenstiv, aber am Ende zahlt es sich aus.


4. Absagen einer Stelle möglichst nur mit alternativen Einsatzmöglichkeiten

Idealerweise sagst du einer Person nicht gleich ab, wenn sie nicht passend für die offene Stelle ist, sondern machst dir proativ Gedanken, wo sie vielleicht sonst eingesetzt werden könnte. So könnte womöglich eine andere Lücke geschlossen werden und der Prozess war nicht umsonst.


5. Hohe neue Anforderungen an das interne Bewerbungsmanagement

Im Zuge ihrer Kampagne hat die Diakonie Hasenbergl den Bewerber*Innen-Pool in ihrem Bewerbungsmanagement-System sehr vergrößert. Und das wiederum bedeutet natürlich auch sehr viel mehr Zeit und größerer Pflegeaufwand. Sämtliche Prozesse mussten daher optimiert werden und Bereiche und Zuständigkeiten neu aufgeteilt werden.


6. Imagegewinn: Die kreative Kampagne machte den Träger bekannt und interessant

Keine Frage - die Kampagne war und ist sehr präsent und medial ein voller Erfolg und somit ein Imagegewinn für die Diakonie. Denn interessanterweise kamen viele Bewerbungen auch aufgrund der innovativen Idee. Viele haben gar nicht die Bewerbungsunterlagen bestellt, sondern fanden das Unternehmen aufgrund der Kampagne so interessant, dass sie sich ganz klassisch die Ausschreibungen angesehen und sich darauf beworben haben.

Also es lohnt sich etwas zu wagen, anders zu denken und zu investieren. Allein das kann neue und vor allem passende Menschen anziehen.


Nachmachen erlaubt! Nur gemeinsam werden wir besser und können etwas verändern


Die Diakonie Hasenbergl sagt ganz klar: Ja natürlich ist das okay, dass andere Träger die Idee übernehmen. Aber zu bedenken gilt, dass jede Einrichtung sein Alleinstellungsmerkmal hervorheben sollte und daher kann die Kampagne nicht eins zu eins übernommen werden. Viel besser wäre, sich die Learnings anzusehen und zu entscheiden, was passt zu mir und was ist möglich?

Dennoch können alle an einem Strang ziehen und gemeinsam etwas verändern.


„…am Ende des Tages sitzen wir alle im gleichen Boot. Wir haben alle den Fachkräftemangel und wir müssen uns alle gemeinsam überlegen, wie wir dem begegnen können“


Fazit zur Reverse Recruiting Kampagne „Wir bewerben uns bei dir“


Die wichtigste und zugleich etwas bittere Erkenntnis aus der Kampagne der Diakonie Hasenbergl ist, dass man sich nie auf erfolgreichen Konzepten ausruhen kann und jedes Jahr mehr investiert werden muss, um gleiche Ergebnisse aus dem Vorjahr zu halten. Es wird definitiv nicht leichter.


Deshalb ist sind folgende Punkte wichtig für einen gesunden Umgang mit der aktuellen Situation um den Fachkräftemangel:

  • Die eigene Entwicklung von Akzeptanz, dass es nunmal weniger Fachkräfte gibt

  • Immer wieder intern proaktiv Strategien entwickeln und zwar gemeinsam und auch trägerübergreifend

  • Auf die bestehenden Mitarbeitenden eingehen und sie so gut es geht unterstützen und weitestgehend für ein gesundes Arbeitsklima sorgen

  • Und: Umdenken! Wir alle müssen uns umstellen und schauen, wie können wir es anders machen, um erfolgreich zu rekrutieren



 
Martina Kohrn Konflikttrainerin

Hi, ich bin Martina Kohrn - Konflikt- und Resilienztrainerin für Fach- und Führungskräfte aus Jugendhilfe, Kita und Pflege.


☑ Sei sicherer in Konflikt- und Krisensituationen.

☑ Gestalte ein starkes und humorvolles Miteinander im Team.

☑ Sichere Dir praxisnahes Handwerkszeug für mehr Ruhe und Gelassenheit.





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